Die Bezirksregierung Düsseldorf will mit allen Mitteln verhindern, dass Informationen an die Öffentlichkeit gelangen
Siehe auch: Grundlagen | O-Töne | Das soll gesperrt werden | Tour
Stand: 28. Mai 2003
Die Bezirksregierung Düsseldorf gibt sich offen, man könne das Thema auch öffentlich besprechen wenn aber Informationen und Protokolle angefordert werden gilt dies nicht mehr: Dokumente werden entweder ganz zurückgehalten oder trotz Versprechen nicht verschickt, Kritikern wird im laufenden Verfahren der Gerichtsvollzieher auf den Hals gehetzt und mit Gefängnis gedroht.
Alles transparent und öffentlich, nichts geheim: so stellen die Beamten der Düsseldorfer Verwaltungsbehörde ihre Arbeit dar.
»[...] Diese Anhörung steht natürlich unter erheblichem öffentlichem Interesse; ob Sie einverstanden sind, wenn ein Kameraschwenk gemacht wird? Der WDR wird hier über diese Anhörung berichten. Es ist ja auch in sofern keine geschlossene Gesellschaft und keine konspirative Sitzung, die wir hier machen. [...]«
Jürgen Büssow, Präsident der Bezirksregierung Düsseldorf; bei der Anhörungsveranstaltung am 13. November 2001
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Am 2. Juli 2002 wurde uns ein Bescheid zugestellt, in dem die Bezirksregierung darlegte, warum sie das Protokoll dieser Veranstaltung auf gar keinen Fall herausgeben dürfe:
»Die Anhörung, zu der lediglich die am Verfahren beteiligten eingeladen wurden, fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Den betroffenen Firmen sollte im vertraulichen Rahmen die Möglichkeit gegeben werden, sich zu den geplanten Sperrverfügungen zu äußern.«
Ja was nun: war es eine öffentliche Veranstaltung, die durch die bekannt guten Beziehungen zwischen der Behörde und dem WDR noch im November ins Fernsehen kam oder eine nicht-öffentliche Veranstaltung (an der übrigens auch Vertreter der Landesregierung NRW, der Bundesregierung, des BKA und des Verfassungsschutzes teilnahmen)? Oder war der Bezirksregierung die Veranstaltung nur zu peinlich (siehe: mehr O-Töne ) und es musste schnell eine Begründung her?
Einen Monat später ging Jürgen Büssow noch weiter: man könne das Thema sogar öffentlich auf dem Rathausplatz in Düsseldorf diskutieren:
»[...] Wir werden jetzt im Anschluss hier an unsere Besprechung, das ist ja nichts konspirativ was wir machen. Ich kann das alles weltweit, also öffentlich machen, ich hab da gar keine Bange. Ich könnte das auch in Düsseldorf auf'm Schadow-Platz oder auf'm Rathausplatz machen mit Ihnen.«
Regierungspräsident Jürgen Büssow; bei der Arbeitskreissitzung am 19. Dezember 2001
Originalton: (Hilfe, Anmerkungen )
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In der Realität sieht es aber anders aus: Da versucht Regierungspräsident Jürgen Büssow mit allen mitteln zu verhindern, dass sich die Öffentlichkeit umfassend informiert und verstößt dabei massiv gegen das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NW). Nahezu alle Informationen mussten wir uns daher aus anderen Quellen besorgen.
Aber der Reihe nach:
Bereits im Mai 2002 beantragten wir die Herausgabe der Protokolle, aus denen obige Zitate stammen. Wer offen handelt, sollte damit auch keinerlei Probleme haben nicht so die Bezirksregierung: Der Antrag wurde erstmal mit haarsträubenden Argumenten rundherum abgelehnt .
Erst nach der wiederholten und hartnäckigen Intervention durch die Landesbeauftragte für das Recht auf Information sah sich die Bezirksregierung gezwungen, stückchenweise Dokumente herauszugeben vergaß dabei aber gelegentlich die Hälfte der zugesicherten Dokumente (selbst Kosten wurden berechnet, aber nicht alle berechneten Dokumente verschickt) und entfernte zu viel: beispielsweise auch die Namen aller Amtsträger, so dass nicht mehr ersichtlich war, wer was sagte bzw. wann ein anderer Redner an der Reihe war.
Die Bezirksregierung berechnete insgesamt Gebühren in Höhe von knapp 400 Euro. Nach dem IFG müssen die Gebühren genau belegt werden, was nicht geschah. Den unstrittigen Teil davon haben wir aber trotzdem bezahlt, den Rest zur Prüfung der Landesbeauftragten für das Recht auf Information weitergeleitet.
Auf die Bitte zur Stellungnahme der Landesbeauftragten reagierte die Bezirksregierung nicht:
»Leider liegt mir bis zum heutigen Tage keine Erwiderung der
Bezirksregierung Düsseldorf auf mein Schreiben vom 27. März
vor. Ich habe daher mit Schreiben vom heutigen Tage an die
an Erledigung der Angelegenheit erinnert.«
Aus einem Schreiben der Landesbeauftragten für das Recht auf Information Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2003
Stattdessen schickte sie den Gerichtsvollzieher mit dem Antrag auf »Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen« vorbei, der uns am 27. Mai mit der Forderung nach Kohle oder Knast für Kritiker beglückte:
»Falls der Schuldner in den anberaumten Termin nicht
erscheint oder die eidesstattliche Bersicherung
grundlos verweigert, so wird beantragt, zu ihrer
Erzwingung Haft anzuordnen und den Haftbefehl
zu erlassen.«
Aus dem Antrag auf Zwangsvollstreckung an das Amtsgericht Stuttgart der Bezirksregierung Düsseldorf
Die Bezirksregierung hat interessanterweise das Recht, ohne vorherigen Mahnbescheid und entsprechendes gerichtliches Mahnverfahren, bei dem sich der Betroffene vor dem zuständigen Gericht zur Wehr setzen kann, sich selbst einen entsprechenden Titel auszustellen und einen Gerichtsvollzieher zu bestellen. Im Zweifelsfall ist es also schwer, sich dagegen zu wehren.
am 24. März 2003 beantragten wir die Herausgabe einer immer wieder öffentlich gezeigten PowerPoint-Präsentation, mit der die Sperrungsanordnungen der Bezirksregierung untermauert wird. Normalerweise muss die Herausgabe nach dem IFG innerhalb eines Monats erfolgen, sofern keine begründeten schützenswerten Interessen widersprechen. Dies ist bis zum 27. Mai, also innerhalb von mehr als zwei Monaten, nicht geschehen. Die Begründung:
»Für die Bereitstellung von weiteren Informationen nach dem IFG NRW habe ich zwischenzeitlich die Landesbeauftragte für den Datenschutz des Landes NRW angeschrieben.
Bis zur endgültigen Klärung der noch offenen Fragen, kann z. Zt. Ihrem Antrag auf Bereitstellung der Power-Point-Präsentation nicht entsprochen werden.
Sobald die juristischen Fragen hinreichend geklärt sind, werde ich mich schriftlich mit Ihnen in Verbindung setzen.«
Aus der Begründung der Bezirksregierung Düsseldorf vom 4. April, warum sie keine Unterlagen mehr herausgeben wollen.
Zudem fehlen immer noch die bereits zugesicherten und berechneten Dokumente über angebliche Morddrohungen gegen Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf (Antrag vom Mai 2002). Da unseres Wissens auch keine Strafanzeige gegen die Täter gestellt wurde, erscheint es zweifelhaft, ob es diese Morddrohungen jemals in der immer wieder öffentlich behaupteten Form gegeben hat. Offensichtlich sollte der Mythos einer von bösen Mördern gehetzten Behörde geschaffen werden.
Umgang mit der Öffentlichkeit
Regierungspräsident Büssow hat so sein eigenes Verständnis vom Umgang mit der Öffentlichkeit: auf der einen Seite drückt er sich um ein transparentes Verwaltungshandeln, auf der anderen Seite droht er Providern mit öffentlichem Druck, wenn sie sich nicht an seine Tipps halten:
»Deswegen wollte ich's Ihnen nur noch ... Das ist auf den Servern, das wird verbreitet hier überall. Und das hält von Ihnen is' meine Meinung hält von Ihnen keiner aus. Wenn diese Bilder konfrontiert werden mit ISIS, mit AOL, mit T-Online; das hält von Ihnen keiner aus. Diese Debatte halten Sie nicht aus in Deutschland. Und deswegen bin ich der Auffassung, dass wir auch hier Wege finden müssen hier, wie wir uns gegen sowas wehren.«
Regierungspräsident Jürgen Büssow; bei der Arbeitskreissitzung am 19. Dezember 2001
Originalton: (Hilfe, Anmerkungen )
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Ganz schön fürsorglich, der Herr Regierungspräsident. ISIS hat es nicht ausgehalten, AOL und T-Online schon.
Fazit
Wie kann eine Behörde ungestraft permanent gegen geltendes Recht verstoßen? Ist ein Regierungspräsident haltbar, der öffentlich lügt? Ist ein Regierungspräsident haltbar, der sich seiner guten Kontakte zu einem öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders rühmt? Ist ein Regierungspräsident haltbar, der das Amt des Bundespräsidenten zu seiner eigenen Show missbraucht und diesem offensichtlich die Pressemeldung diktiert? Unserer Ansicht nicht.
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