Was Juristen sagen
Eine (stark verkürzende) Zusammenfassung
Zurück zur Übersicht | siehe auch: Berufungsbegründung
Im folgenden werden zwei in Fachzeitschriften erschienene unabhängige juristische Fachkommentare zum Urteil des Amtsgerichts zusammengefasst.
- Neumann kommt zu dem Schluss, dass das Amtsgericht Verfassungsrecht mißachtet habe. Das Urteil könne schon aus diesem Grund keinen Bestand haben. Insbesondere habe das Gericht die sogenannte Sozialadequatsklausel (§ 86 Abs. 3 Strafgesetzbuch) nicht berücksichtigt, die selbst eine Verbreitung der betreffenden Inhalte erlaubt, wenn dies »Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.«
- Das Amtsgericht bleibe die Begründung schuldig, warum eine solche Strafbefreiung nicht vorliege.
- Das Amtsgericht gehe nicht auf den Kontext ein, in dem die Links standen und nehme fälschlicherweise an, dass sie zentraler Bestandteil von ODEM.org seien.
- Die Beschreibung von FreedomFone (vormals: TeleTrust.info) führe »in die Irre«.
- Anders als das Amtsgericht, bezeichnet Neumann FreedomFone als offensichtliche Satire. Zwar sei nicht jede Satire im juristischen Sinne Kunst, hier müssten aber die Maßstäbe der Kunstfreiheit angewendet werden. Entscheidend sei der »Aussagekern«, der bei FreedomFone aber nicht im Zugänglichmachen oder Verbreiten rechtsextremistischen Gedankenguts liege sondern die »Förderung der Diskussion über über ein aktuelles medienpolitisches und -rechtliches Thema« zum Ziel habe.
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Neumann sieht ODEM.org »zumindest in der Nähe des Schutzbereiches der Wissenschaftsfreiheit"«. Es sei ein »Musterbeispiel« einer mit den Inhalten nicht sympathisierenden Dokumentation.
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Abgesehen davon bemängelt er, dass sich das Gericht gar nicht mit der Frage befasst habe, ob und unter welchen Umständen ein Link (das Amtsgericht unterscheidet auch noch zwischen »Links und Hyperlinks«) an sich eine strafbare Handlung darstellen kann. Dies wird vom Gericht ohne weitere Erörterung einfach angenommen.
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Als Fazit gibt er die Anregung, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung der Telemedien-Gesetzgebung über eine Priviligierung von Links nachdenken sollte.
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Kaufmann attestiert dem Amtsgerichts-Urteil eine »unzureichende Begründung«.
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Er kritisiert, dass das Amtsgericht die »wichtige Frage nicht behandelt [habe], ob das Setzen von Hyperlinks ein Zugänglichmachen« darstelle.
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Laut Kaufmann fällt ODEM.org unter das Pressefreiheit, von der auch das Setzen von Links abgedeckt sei. Die Links ermöglichten, »dass der Besucher fremde Meinungen kennen lernen, sich seine eigene Meinung bilden und anschließend an der öffentlichen Diskussion zum Antisemitismus teilnehmen« könne. Es liege eine zulässige Berichterstattung vor.
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Das Gericht habe bei FreedomFone die Kunstfreiheit nicht berücksichtigt und hätte sich mindestens mit dem Kunstbegriff des Bundesverfassungsgerichts befassen müssen. Das Verneinen der Kunstfreiheit hätte eine besondere Begründung benötigt.
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