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Pressemitteilung: Die Internet-Zensoren ignorieren geltendes Recht

Siehe auch: >>Volltext des im folgenden erwähnten Bescheids, Kommentare

Hintergrundinformationen zum Thema, Kontaktinformationen sowie die 
angegebenen Quellen finden Sie im Anschluss an die Pressemeldung
 

  4. Juli 2002  

  Die Internet-Zensoren ignorieren geltendes Recht
  ------------------------------------------------

  Deutschlands Vorreiter in Punkto Internet-Zensur,
  die Bezirksregierung Düsseldorf, verweigert
  Zugang zu amtlichen Dokumenten


  Stuttgart/Düsseldorf (ODEM.org): Die
  Bezirksregierung Düsseldorf[1] weigert sich,
  Dokumente herauszugeben, die im Zusammenhang mit
  der Sperrverfügung gegen Internet-Zugangsanbieter
  stehen (die das Durchleiten von "nicht
  zulässigen" Internet-Inhalten aus dem Ausland
  "sperren" sollen).[2] Dies berichtet die
  Internet-Initiative ODEM.org,[3] deren Gründer
  Alvar Freude[4] den Antrag auf Akteneinsicht
  gestellt hatte.
  Nach dem Informationsfreiheitsgesetz
  Nordrhein-Westfalen[5] sind Behörden
  verpflichtet, auf Anfrage den Zugang zu den bei
  ihnen vorhandenen Informationen zu gewährleisten,
  und zwar unverzüglich, spätestens aber innerhalb
  eines Monats. "Die Bezirksregierung reagierte
  aber erst, nachdem ich nach Ablauf der
  gesetzlichen Frist nachfragte", so Freude. Zudem
  sei der gesetzlich vorgeschriebene Hinweis auf
  das Beschwerderecht beim "Landesbeauftragten für
  das Recht auf Information" unterblieben.

  Den nun ergangenen ablehnenden Bescheid[6]
  kommentiert Freude relativ gelassen: "Ich kann ja
  verstehen, dass eine Behörde Dokumente nicht
  herausgeben will, die ihre eigene Unfähigkeit und
  Inkompetenz zeigen!" Trotzdem will er den
  Bescheid Widerspruch einlegen und die
  "Landesbeauftragte für das Recht auf Information"
  informieren: "Gesetze gelten nicht nur dann, wenn
  sie dem Herrn Regierungspräsidenten in den Kram
  passen."

  Vor dem Hintergrund der Düsseldorfer
  Sperrverfügungen hat ODEM.org bereits über 11.000
  Unterschriften gegen die Zensur ausländischer
  Internet-Seiten in Deutschland gesammelt.[7]



  Nun verweigert die Behörde die Herausgabe der
  Protokolle der Anhörung der Internet-Provider vom
  November letzten Jahres. ODEM.org vermutet, dass
  damit die Bezirksregierung die peinliche
  Veranstaltung  unter den Tisch kehren und eine
  Blamage in der Öffentlichkeit verhindern will:
  "Uns liegt die Protokollzusammenfassung bereits
  aus einer anderen Quelle vor. Diese zeigt nicht
  nur, wie wenig Verständnis die Düsseldorfer
  Zensoren von der Materie haben, sondern auch eine
  erschreckende Beratungsresistenz." 

  Die Herausgabe der Protokolle der
  Arbeitskreissitzung vom 19. Dezember[8] und die
  Ergebnisse des Tests des "Filterprojekts"[9]
  wurden mit der Begründung abgelehnt, dass die
  Arbeitsgruppe sich freiwillig zusammengefunden
  habe, zwar in den Räumen der Bezirksregierung,
  aber "nicht im dienstlichen Zusammenhang". Für
  Freude stellt sich die Frage, ob dies
  "Privatveranstaltungen des Herrn Büssow" waren.

  Auch die gegenüber dpa erwähnte Liste mit 6.000
  zu sperrenden Internet-Seiten will die
  Bezirksregierung nicht herausgeben. Die
  Begründung: eine solche Liste existiere nicht.
  Ebenso wird die Sammlung von Daten von zu
  sperrenden Seiten auf der Homepage der
  Bezirksregierung verneint. Dabei gibt es ein
  solches Meldeformular[10] dort mindestens seit
  Herbst 2001. 

  Die Behauptung, dass es keine "Kommunikation mit
  Verbänden, Gruppierungen und Organisationen"
  sowie "auch keine Verträge, Abmachungen,
  Absichtserklärungen oder Briefwechsel mit
  Unternehmen" gegeben habe, stuft Alvar Freude als
  "weitere glatte Lüge" ein: "Es sind eine Reihe
  von Treffen dokumentiert, darunter ein Treffen
  mit Vertretern des CCC und ein Treffen mit Mark
  Weitzmann vom Simon-Wiesenthal-Center".[11]

  Auch die Herausgabe der angeblichen Drohbriefe
  und Morddrohungen, die Mitarbeiter der
  Bezirksregierung erhalten haben wollen, wurde
  abgelehnt. "Es liegt die Vermutung nahe, dass es
  diese Briefe in der behaupteten Form nie gegeben
  hat, sondern nur als Begründung für die
  Bösartigkeit der Kritiker herhalten mussten",
  befürchtet Freude. So versuchte die Behörde
  lange, Kritiker in die rechtsextreme Ecke zu
  stellen.





HINTERGRUND:
============

Die Bezirksregierung Düsseldorf, allen voran Regierungspräsident Jürgen
Büssow, will die Anbieter von Internet-Zugängen (Access-Provider) mit
verpflichten, "nicht zulässige" Internet-Angebote aus dem Ausland nicht
durchzuleiten. Dies wäre vergleichbar mit der Forderung an
Telefongesellschaften, bestimmte Nummern im Ausland für Deutschland zu
sperren.
Dem Verfahren wird bundesweite Bedeutung zugemessen, da sich die Behörden
der anderen Bundesländer am Ausgang orientieren werden.
Das Vorgehen der Bezirksregierung Düsseldorf ist weltweit auf Kritik
gestoßen und wurde als staatliche Zensur bezeichnet.

  http://odem.org/informationsfreiheit/Hintergrund-Internet-Zensur.pdf


ODEM.org ist eine Initiative von langjährigen Internet-Nutzern, die sich
für den Erhalt des freien Kommunikations-Mediums Internet einsetzen. Ziel
ist die Aufklärung über technische Zusammenhänge, die Beleuchtung von
Risiken und Gefahren sowie die Wahrung der Menschenrechte und des
Verbraucherschutzes. Auch dem Interesse von Großkonzernen, unmündige
Konsumenten heranzuzüchten, die nur noch verstehen, wie Sie den "Hier
Bestellen"-Knopf finden, will ODEM.org entgegenwirken. Zensur ist in
diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema, da sie zumeist wirtschaftlich
motiviert ist und das Interesse an freier Kommunikation behindert.

  http://odem.org/insert_coin/vorwort.html
  http://odem.org/insert_coin/kontrolle/selbstzensur.html
  http://odem.org/


ODEM.org sieht in den geplanten Internet-Filtern eine Gefahr für das
Internet als freies Kommunikationsmedium und für das grundgesetzlich
garantierte Recht, sich frei aus allen öffentlich zugänglichen Quellen zu
unterrichten. Ähnliche Systeme wie das in Düsseldorf geplante möchte vor
allem die Musikindustrie einsetzen, aber auch Scientology erwägt, so
Kritiker zu unterdrücken. Andere Konzerne möchten das Wort "Kinder" oder
die Farbe Magenta monopolisieren. 

  http://www.intern.de/news/2693.html
  http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5833/1.html
  http://www.heise.de/newsticker/data/axv-26.07.01-001/default.shtml
  http://odem.org/insert_coin/kontrolle/selbstzensur.html
  

Die "Erklärung gegen die Einschränkung der Informationsfreiheit" haben
bisher über 11.000 Internet-Nutzer unterschrieben, darunter hochkarätige
Experten in Sachen Internet- und  Medienkompetenz wie die "Reporter ohne
Grenzen", der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss, Grietje Bettin,
medienpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfgang
Kleinwächter, Professor für internationale Kommunikationspolitik an der
University of Aarhus (Dänemark) und Andy Müller-Maguhn, europäischer
Vertreter im ICANN-Direktorium.

  http://odem.org/informationsfreiheit/erklaerung.html
  http://odem.org/informationsfreiheit/unterzeichner.html
  http://odem.org/informationsfreiheit/



Alvar Freude, Diplom-Kommunikations-Designer, ist Initiator von ODEM.org.
Bekannt ist er unter anderem durch den legendären Assoziations-Blaster
und sein Internet-Zensur-Experiment insert_coin geworden, für das er
zusammen mit Dragan Espenschied mit dem Internationalen Medienkunstpreis
2001 ausgezeichnet wurde. Alvar Freude arbeitet u.a. als Berater und
Entwickler für Internet-Agenturen, Unternehmen und Konzerne.

  http://www.assoziations-blaster.de/
  http://odem.org/insert_coin/
  http://alvar.a-blast.org/



PRESSE-KONTAKT:
===============

  Alvar Freude
  presse@odem.org
  Telefon (07 11) 2 20 17 72

  Ludwig-Blum-Straße 37
  70327 Stuttgart



QUELLEN:
========

 [1] http://www.brd.nrw.de/
 [2] vgl. http://odem.org/informationsfreiheit/
 [3] http://odem.org/
 [4] http://alvar.a-blast.org/
 [5] http://www.lfd.nrw.de/fachbereich/fach_3_2_15_1.html
 [6] http://odem.org/informationsfreiheit/ifg-bescheid.html
 [7] http://odem.org/informationsfreiheit/erklaerung.html
 [8] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12181/1.html
 [9] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12560/1.html
[10] http://www.brd.nrw.de/cat/SilverStream/Pages/themenframe?BeitragsID=2071
[11] http://www.ccc.de/CRD/CRD20020320.html
     http://www.brd.nrw.de/cat/SilverStream/Pages/NEWS_pmticker_sel.html?query=PRESSEMT.ID%3d6886

  




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