Internet-Filter an Schulen: kontraproduktiv und schädlich
Webwasher deklariert NPD-Propaganda-Seite als "Bildung"
von ODEM-Team (08.09. 2004, 15:26:44)
Am heutigen Mittwoch fand im Abgeordnetenhaus Berlin eine Sitzung des Medienausschusses auf Antrag der CDU statt, die Internet-Filter an allen Berliner Schulen fordert. Aus diesem Anlass haben wir einen kleinen Beitrag zum Thema Internet-Filter an Schulen (PDF) verfasst. Recherchen ergaben eine erschreckende Fehleranfälligkeit von Filtern. |
So deklariert Webwasher eine NPD-Propaganda-Seite (Seite im Web-Archiv) zum NPD-Verbotsverfahren als »Bildung«. Auch an Baden-Württembergs Schulen sind diese und viele weitere Nazi-Seiten trotz Filter erreichbar.
Zwar wäre gerade in Schulen eine verstärkte kritische Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Gedanken wünschenswert. Dazu gehört auch das Lesen von Original-Quellen, und das kann selbst eine NPD-Webseite sein. Dieses Beispiel zeigt aber, dass Filtersysteme eben nicht so funktionieren wie sie sollen. Denn das Label »Bildung« ist im allgemeinen positiv besetzt und wird als Qualitätssiegel verstanden. Und davon kann man bei einer einseitigen, propagandistisch ausgerichteten Webseite nun nicht wirklich reden. |
Internet-Filter sind abzulehnen
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Mit der fortschreitenden Verbreitung des Internet in unserer Gesellschaft wächst mehr und mehr die Angst vor dem (scheinbar) undurchschaubaren Netz – dem bösen Netz? Journalisten berichten über Schund und Schmutz, den es im Internet an jeder Ecke zu sehen gäbe und der unaufhaltsam in jedes Kinderzimmer hinein strahle. Eltern müssten in diesem offenbar sexbesessenen, rechtsradikalen und menschenverachtenden Umfeld um die geistige Gesundheit ihrer Sprösslinge fürchten.
Wir müssen diese Ängste ernst nehmen.
Nichtsdestotrotz sind Internet-Filter kein taugliches Mittel, um Kinder und Jugendliche vor gefährlichen Inhalten zu schützen. Sie suggerieren einen »Schutz« vor unerwünschten Inhalten, den es nicht gibt. Internet-Filter sperren zu viele Inhalte und beschränken, je nach Einstellung, das Internet auf einen kleinen, kommerziellen Teil des WWW. Eltern, Lehrer und Politiker wiegen sich in Sicherheit. Gleichzeitig werden aber sehr viele bedenkliche Websites nicht gesperrt. Dieses Problem ist technisch nicht in den Griff zu bekommen: Filtersysteme haben prinzipiell zu viele unerwünschte Nebenwirkungen.
Internet-Filter konditionieren Kinder und Jugendliche auf eine unfreie Gesellschaft, in der Überwachung und Kontrolle das eigene Verhalten bestimmt und hemmt. Gleichzeitig beeinträchtigen sie die Erlangung von Medienkompetenz und degradieren die Betroffenen zu unmündigem Klickvieh. Internet-Filter sind in Anschaffung und Betrieb im Verhältnis zu ihrem zweifelhaften Nutzen zu teuer und aufwendig.
Internet-Filter sind weitestgehend abzulehnen.
Weiter und Details: PDF über Internet-Filter an Schulen
Siehe auch:
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