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Die Wahrheit aus Düsseldorf
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Hinweis: Dies ist eine Abschrift der Antwort der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Im Zeifelsfall ist die Original-Version gültig. Original-Version als Bild: Seite 1 | Seite 2 | Seite 3 | Seite 4    


Staatsanwaltschaft Düsseldorf


Ermittlungsverfahren gegen die Bezirksregierung Düsseldorf u.a. wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses u.a.

Ihre Strafanzeige vom 21.01.2002

Sehr geehrter Herr Freude,

das Verfahren gegen die Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf sowie der Fa. ISIS Multimedia NET GmbH & CoKG habe ich gern. § 170 II StPO eingestellt, weil das von Ihnen angezeigte Verhalten nicht den zur Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Tatverdacht für das Vorliegen einer Straftat begründet.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hat sich der von Ihnen gegen die Fa. ISIS Multimedia NET GmbH & Co KG geäußerte Verdacht der Datenunterdrückung gern. §303 a StGB nicht bestätigt. Diese wäre nur gegeben, wenn Daten, an denen Dritte ein unmittelbares Nutzungsrecht. haben, unterdrückt oder verändert würden. Daten, an denen ausschließlich der Täter ein Nutzungsrecht hat, sind vom Schutzbereich des § 303a StGB nicht umfasst, (zu vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 303a Rdnr. 3).
Die Fa. ISIS hat vorliegend lediglich Veränderungen in den Datenbanken ihrer eigenen Name Server vorgenommen, indem sie den Internetadressen www.nazi-lauck-nsdapao.com sowie www.stormfront.org jeweils die IP-Adresse 127.0.0.1 zugeordnet haben. Diese Veränderung führt dazu, dass die Anfrage durch den Provider nicht an die gewünschte Adresse weitergesandt sondern an die genannte IP-Adresse (local host) umgeleitet wird, ohne dass der Inhalt der betroffenen Internetseiten verändert wird. Ein unmittelbares, strafbewährtes Nutzungsrecht an der IP-Adressenzuordnung haben die Kunden der Provider aber nicht. Diese legen über die entsprechenden Zuordnungen lediglich das Angebot an abrufbaren Internetinhalten fest, das dann den Kunden zur Verfügung gestellt wird. Die o.g. Veränderungen führen daher lediglich zu einer strafrechtlich unerheblichen Einschränkung dieses Nutzungsangebots. Über Provider, die eine solche IP-Adressenänderung nicht vorgenommen haben, kann weiterhin uneingeschränkt auf die betroffenen Internetseiten zugegriffen werden.

Aus den genannten Gründen scheidet folglich auch eine Strafbarkeit der Beschuldigten gem. § 303 b Abs. 1 Nr.1 StGB aus.

Auch für einen Verstoß der Fa. ISIS gegen § 303b Abs.1 Nr. 2 StGB sind Ihrer Strafanzeige keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte zu entnehmen, weil weder Datenträger noch Datenverarbeitungsanlagen zerstört oder sonst in ihrer Funktion beeinträchtigt worden sind.

Schließlich konnte auch der Tatvorwurf der Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses gern. § 206 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht erhärtet werden. Soweit man der Meinung im Schrifttum folgt, dass auch E-Mails vom Schutzbereich der Vorschrift umfasst sind, ist dass Verhalten der Mitarbeiter der Fa. ISIS jedenfalls nicht tatbestandsmäßig, weil die E-Mails nicht unterdrückt i.S.v. § 206 Abs.2 Nr.2 StGB werden. Sie werden nicht, wie von Ihnen vermutet, an die Bezirksregierung umgeleitet, sondern mit dem Zusatz "Hi. This is the gmail-send program at isis0171isis.de. I'm afraid I wasn't aible to deliver your message to the following adresses. This is a permanet error; I've given up. Sorry it didn't work out." unmittelbar an den Absender zurückgesandt. Die Fa. ISIS erfüllt damit möglicherweise den ihr erteilten Auftrag zur Weiterleitung der E-Mails nicht. Dies ist aber strafrechtlich irrelevant.

Den Mitarbeitern der Bezirksregierung haben Sie im wesentlichen vorgeworfen, die betroffenen Provider durch den Hinweis auf mögliche Bußgelder zu einer Sperrung der fraglichen Internetseiten genötigt zu haben. Zugleich sei die Sperrverfügung als Anstiftung zur Datenunterdrückung sowie zur Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses zu werten. Schließlich hätten die Mitarbeiter der Bezirksregierung auch selbst gegen das Fernmeldegeheimnis verstoßen, weil sie sich Kenntnis vom Inhalt diverser E-Mails verschafft hätten, die nicht an die Bezirksregierung gerichtet waren.

Entgegen Ihre Annahme erfüllt das Verhalten der Mitarbeiter der Bezirksregierung nicht den Tatbestand der Nötigung i.S.v. § 240 StGB. Die Bezirksregierung hat erst am 06.02.2002 eine Sperrverfügung erlassen, in der u.a. der Fa. ISIS aufgegeben wird, die Internetseiten www.stormfront.org und www.nazi-lauck-nsdapao.com im Rahmen des vermittelten Nutzungsangebots zu sperren. Die weiteren in Ihrer Strafanzeige aufgeführten Adressen www.rotten.com und www.front14.org sind von dieser Sperrverfügung nicht erfasst.

Soweit einzelne Provider bereits zeitlich vor dieser Verfügung die Sperrung der genannten Internetseiten veranlasst haben, fehlt es bereits an einer Nötigungshandlung der Mitarbeiter der Bezirksregierung. Eine solche ist nur gegeben, wenn der Täter einem anderen ein bestimmtes Verhalten aufzwingt; dass heißt ihn gegen seinen Willen hierzu veranlasst, (Tröndle/Fischer, StGB, § 240 Rdnr. 4). Die in der Presse veröffentlichte Absichtserklärung der Bezirksregierung, verstärkt gegen Rechtsradikalismus im Internet vorgehen zu wollen, sowie die in diesem Zusammenhang erfolgte Anhörung der Provider gern. § 27 VwVfG vom 04.10.2001 erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Den Adressaten wird durch diese Maßnahmen lediglich die Möglichkeit der Stellungnahme zu einem beabsichtigten verwaltungsrechtlichen Vorgehen der Bezirksregierung gegeben, ohne dass dieses bereits mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden soll.

Aber auch durch die Sperrverfügung vom 06.02.2002 selbst wird ein hinreichender Tatverdacht für eine Nötigung i.S.v. § 240 StGB nicht begründet. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Wahrnehmung der der Bezirksregierung durch den Mediendienstestaatsvertrag übertragenen Aufgaben, somit also staatliches Handeln, überhaupt als Drohung mit einem empfindlichen Übel gewertet werden kann. Jedenfalls ist die Sperrverfügung aber nicht verwerflich i.S.v. § 240 Abs. 2 StGB. Von einer Verwerflichkeit des Handelns wäre nur dann auszugehen, wenn das eingesetzte Mittel, der verfolgte Zweck oder eine Gesamtwürdigung beider Elementeeinen erhöhten Grad sittlicher Missbilligung des von Ihnen angezeigten Verhaltens begründen würden (zu vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., Rdnr. 40f.).
Vorliegend hat die Bezirksregierung lediglich die ihr gern. § 18 Abs. 1 MDStV übertragene Aufsicht wahrgenommen, unzulässige Angebote im Internet zu sperren. Sie hat hierzu den Inhalt der o.g. Internetseiten geprüft und daraufhin die Sperrung der Seiten für erforderlich erachtet, wozu sie gern. § 18 Abs. 3 MDSW Maßnahmen auch gegen Access-Provider richten kann. Der verfolgte Zweck sowie die zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel sind somit gesetzlich vorgesehene Maßnahmen und als solche bereits nicht verwerflich i.S.v. § 240 StGB. Aber auch bei einer Gesamtwürdigung von verfolgtem Zweck und eingesetztem Mittel ist eine Verwerflichkeit des angezeigten Verhaltens aus den genannten Gründen nicht gegeben. Ob die Sperrverfügung in ihrer konkreten Ausgestaltung den Anforderungen des MDStV genügt, wäre ggf. durch die betroffenen Provider in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren zu klären, ist strafrechtlich aber unerheblich.

Überdies sind auch keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Verstoß der Bezirksregierung gegen das Post- oder Fernmeldegeheimnis gern. § 206 StGB vorhanden. Da die Mitarbeitender Bezirksregierung nicht Inhaber oder Beschäftigte eine Unternehmens sind, das geschäftsmäßig Post-oder Telekommunikationsdienste erbringt, wäre nur die Mitteilung von Tatsachen an Dritte, die aus an die Bezirksregierung umgeleiten E-Mails stammen, gern. § 206 Abs.4 StGB strafbar. Die von Ihnen angeführten § 206 Abs. 1 (gemeint sein dürfte Abs. 2) Nr. 3 und Abs. 5 StGB betreffen nur Inhaber oder Beschäftigte der genannten Unternehmen und sind auf die Bezirksregierung nicht anwendbar. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist aber, wie bereits ausgeführt, schon die Umleitung der E-Mails an die Bezirksregierung nicht erfolgt.

Die Sperrverfügung begründet schließlich auch nicht den Anfangsverdacht einer Anstiftung zu Straftaten der Provider, weil deren Maßnahmen aus den o.g. Gründen bereits kein strafbares Verhalten begründen.

Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Straftaten sind nicht gegeben.

Soweit Sie in der Anzeige weitere Beschuldigte benennen, habe ich von der Aufnahme der Ermittlungen abgesehen, weil Sie inhaltsgleiche Anzeigen auch an die jeweils örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften übersandt haben. Von diesen werden Sie zu gegebener Zeit entsprechende Mitteilungen über den Ausgang der jeweiligen Verfahren erhalten.


Hochachtungsvoll

(Stüve)
Staatsanwalt